Arbeitsplatz im Wohnmobil

Menschen sind verschieden – Bedürfnisse auch

Andy BrunnerAllgemein

Ich übe einen Büroberuf aus. Ich schreibe. Nicht mehr ganz so wie die Mönche in ihren Kutten aus Burre (bure -> bureau). Ich schreibe Programmcode. Was bedeutet, dass ich meine Arbeit ausschliesslich und zu 100% am Computer verrichte. Was wiederum bedeutet, ich brauche für die Arbeit nichts weiteres als einen Computer. Was mich persönlich zum Schluss kommen lässt, es dürfte nicht relevant sein, wo sich dieser Computer und ich befinden.

Es war das Jahr 2003 in welchem ich die Ausbildung zum Applikations-Entwickler abgeschlossen habe. Damals wie heute war ich begeistert und fasziniert davon, was sich mit Programmcode realisieren lässt. Dieses Neue aus dem Nichts erschaffen oder repetitive Aufgaben automatisieren, sowie Lösungen für knifflige Problemstellungen finden. All das hat eine unglaublich grosse kreative Komponente, was auf mich eine ungebrochene Faszination ausübt.

Und doch war ich damals während und nach der Ausbildung unglücklich bei der Arbeit. Und ich konnte auch genau benennen was der Grund dafür war. Es hat mir gestunken jeden Tag in das selbe Büro gehen zu müssen, bei künstlichem Licht den ganzen Tag vor dem Monitor zu sitzen um dann am Abend festzustellen, dass in der Welt draussen wieder ein Tag ohne mich vorübergezogen ist. Jedenfalls hat sich das für mich so angefühlt. Ich fühlte mich eingesperrt.

Dieses Problem löste ich damit, dass ich mich vom Programmieren abwandte. In den vergangenen 20 Jahren habe ich in sehr vielen unterschiedlichen IT-Bereichen gearbeitet, war in einer sozialen Institution tätig, im Transportwesen und mehrere Jahre in Holzwerkstätten. Unter anderem auch deshalb, weil ich nicht in einem Büro sitzen wollte.

Als mich Aron und Lars von cloudxs vor rund zwei Jahren angefragt haben, ob ich bei ihnen in der Firma als Entwickler arbeiten möchte, und sie sich dabei nach meinen Wünschen erkundigt haben, war eine meiner Antworten ganz klar, ich wünsche die Freiheit zu haben nicht in einem Büro arbeiten zu müssen. Ich wünsche die Freiheit zu haben, selbst zu entscheiden wo ich meine Arbeit verrichte und dabei trotzdem das Vertrauen der Firma erfahre, dass dies keinen negativen Einfluss auf die Qualität meiner Arbeit hat. Ich schätze mich glücklich, dass mir dieses Vertrauen entgegen gebracht wurde und wird.

Heute habe ich den Fünfer und das Weggli. Ich arbeite wieder als Entwickler aber nicht in einem Büro. Ich weiss schon sehr lange, dass das Nomadentum eher meinem Naturell entspricht und wohne deshalb nun seit einem Jahr in einem Wohnmobil. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass ich nicht an einen Ort oder gar an eine Räumlichkeit gebunden bin. Ich wohne mit meinem mobilen Haus da, wo es mich hinzieht. Bleibe bei Freunden in anderen Städten bzw. Ländern und schliesse neue Freundschaften an neuen Orten.

Wer jetzt einwendet, dass ich ja nun doch wieder den ganzen Tag vor dem Monitor sitze, dem möchte ich antworten: Genau deshalb arbeite ich jeweils nur noch vormittags und habe somit nachmittags ganz viel freie Zeit und Energie um meinen weiteren Interessen nachzugehen. Zurzeit ist dies eine ideale Balance für mich.

Liebe Lesende, die ihr diesen Text bis hierhin gelesen habt, bitte versteht mich nicht falsch. Ich halte mich weder für besonders gewieft oder cool, diesen Lebensstil zu pflegen, noch urteile ich über andere, die den Büroalltag mögen, mit dem regen Austausch mit Kolleg:innen, gemeinsamen Kaffeepausen, mit den Scherzen und Sprüchen über Aktenschränke hinweg und auf den Gängen und was ein Büroalltag sonst noch so für Freuden bescheren mag. Ich äussere bloss die Bitte an diejenigen Arbeitgebenden, die Teilzeitarbeit, das Homeoffice und/oder das digitale Nomadentum nach wie vor mit Skepsis betrachten, öffnet wenn möglich euren Mitarbeitenden diese Freiräume. Sie werden es euch mit Zufriedenheit und Motivation danken. Und liebe Arbeitnehmenden, die ihr die Möglichkeit hättet Teilzeit zu arbeiten und des Geldes wegen dennoch zu 100% arbeitet, stellt ihr euch manchmal die Frage, ob weniger Geld und weniger materieller Wohlstand und dafür mehr freie Zeit nicht letzten Endes glücklicher machen?

Danke liebe Lesende für eure Aufmerksamkeit und danke an cloudxs, dass ihr mir ermöglicht meine Leidenschaft für das Programmieren und meinen Wunsch nach einem Vagabundenleben miteinander zu verbinden.

Andy Brunner